Der Zug, der eigentlich am Vortag, einem Samstag hätte ankommen sollen, kündigte sich gerade mit vielen Pfiffen an. Es werden wohl diese Pfiffe gewesen sein, die ich als erstes hörte und die mich so beeindruckten. Sonntagskind!

 

 

 

"Ich ging daraufhin zu Zeiss im BP Centrum und lernte Feinmechaniker, was aber von meinen Eltern nicht sonderlich begrüßt wurde."

 

 

 

 

 

 

"Einige Jahre lange war ich der „südafrikanische Reporter von Zürich“ für das südafrikanische Radio. Die Berichte füllen ganze Ordner."

Biografie | Hannes Deetlefs

Vorwort von Professor Dr. Dap Louw

Recipient Stals award for psychology South African Academy of Sciences and Arts, 1991. Member Psyssa, South African Society Forensic Psychology (president 1990-1994), International Council Psychology (board directors 1989-1993).
In der Stadt Bloemfontein ist das Oberste Gericht Südafrikas, das Appellationsgericht, beheimatet. Prof. Louw ist seit vielen Jahren an diesem Gericht auf den Gebieten der forensischen Psychologie und der Psychotherapie tätig. In der „restorative justice“ sorgt er besonders bei Frauen für Urteile, die für Resozialisierung Raum lassen.

Vor Jahren sah ich einen Artikel in einer afrikaansen Zeitschrift. Der Artikel war unterschrieben mit Hannes Deetlefs, „Ons Tuiste” (Afrikaans: „Unser Daheim“), Schweiz.

Hannes in der Schweiz? Wie ist denn das möglich? Ich kannte seine Liebe zu Afrikaans. Ich schrieb sofort. Ja, er war es! Dann kamen die Besuche. Wir hatten uns so viel zu sagen.

Ich sah auch das Heimweh in den Augen meines Freundes. Nach einiger Zeit wußte ich auch warum. Eine Geschichte, die filmreifer nicht sein kann: Hannes traf seine Frau Annemarie, die damals als schweizer Touristin in Südafrika weilte.

Er kündigte die Arbeitsstelle als Reiseführer und wurde Lehrer in Swakopmund. Sie heirateten 1973. „Eine glückliche Liebe” bis auf den heutigen Tag.

Dann das Unfaßbare: Sie bekamen keine Kinder und adoptierten ein Baby. Das Töchterlein war zehn Tage alt und wurde ausgerechnet am Republikstag Südafrikas geboren. Bald kam die Realität – eine Realität in dem damals so rassenfixierten Südafrika und Südwestafrika: Die Haut von Christa wurde dunkler und dunkler. Die Haare sehr, sehr kurz und gewellt. Die Sozialarbeiter wollten das Kind „im Interesse des Kindes“ für ein weißes Kind eintauschen. Das sei nun mal das Gesetz, meinten sie. Jedoch war Hannes da komplett anderer Meinung: „Dies ist mein Kind und wurde auf meinen Nachnamen getauft.“

Annemarie verstand die Welt sowieso nicht mehr. „Es ist ein Kind ohne Schuld – mein Kind.”

Eine Tragödie griechischen Ausmaßes bahnte sich an. Die schwierige, aber logische Folgerung war die Niederlassung in der Schweiz. „Dap, ich mußte mich zwischen meinem Kind und meinem Land entscheiden.“

In einer Schweiz war er alles andere als willkommen. „Ich war der Geächtete“. Seine Lehrdiplome wurden nicht anerkannt. Die Tatsache, daß er ein Südafrikaner weißer Herkunft und nur den südafrikanischen Paß hatte, sprach dauernd gegen ihn.

Die Zeit verging und alles wurde nach und nach besser. Er hinterließ Spuren in seiner Gemeinschaft. Er gründete ein großes Wirtschaftsforum. Als Initiator half er emsig mit bei der Entwicklung des Schulsystems in Albanien.

Dies ist nur ein sehr kurzer Blick auf das Leben des Hannes Deetlefs. Er ist jemand, der immer die Geschichte im Auge behält und davon überzeugt ist, daß man aus der Geschichte viel lernen kann. „Burkie“ führt uns zurück zu den Ursprüngen. Ich hoffe, daß das Buch „Burkie“ nur ein Vorgeschmack dessen ist, was er einmal über sein eigenes Leben schreiben wird. Ein Philosoph formulierte es einmal so. „Eine Person mit vielen interessanten Erinnerungen lebt zweimal.” Hannes Deetlefs lebte mehr als zweimal.grafie | Hannes Deetlefs

Einen kleinen Blick auf den Autor

Der ‘Südwester’ von Lüderitzbucht blies mich mit aller Gewalt am Sonntag, dem 29. September 1946 auf die Erde.

Der Zug, der eigentlich am Vortag, einem Samstag hätte ankommen sollen, kündigte sich gerade mit vielen Pfiffen an. Es werden wohl diese Pfiffe gewesen sein, die ich als erstes hörte und die mich so beeindruckten. Ein Sonntagskind!

In Windhoek ging ich in die afrikaanse Abteilung der Grundschule „Emma Hoogenhout“. In den Pausen „spielten“ wir dann „Anglo-Burenkrieg“ mit den Schülern der englischen Abteilung. Nach der Pause gab es deswegen oft genug vom Lehrer mit der Rute noch „drei der Besten“ hinten drauf, zu unseren sonstigen zahlreichen „Kriegsverletzungen“.

Mein Vater wurde 1960 Schulleiter der Deutschen Privatschule in Johannesburg. Dort schrieb ich mein Abitur auf der Ebene Muttersprache in drei Sprachen. Gegen meinen Willen wurde ich aber nicht von der südafrikanischen Armee eingezogen sondern wurde durch Los freigestellt.

Das führte zu einem Durcheinander, weil damit nichts geregelt und es für eine Anmeldung zum Studium zu spät war. Ich fing beim Staat als einfacher Beamter an und hatte die Hotelrechnungen der vielen TRANSA-Ankömmlinge zu bearbeiten. Das waren junge Immigranten aus Europa, die in Südafrika ihr Glück versuchen wollten. Ich lernte dort sehr schnell, immer sehr fleißig auszusehen aber trotzdem den ganzen Tag keinen Stich zu tun.

Ich ging daraufhin zur Firma Zeiss im BP Centrum und lernte Feinmechaniker, was aber von meinen Eltern nicht sonderlich begrüßt wurde. „Mechaniker, das ist doch nichts!“

Letzten Endes ging ich in das „Goudstad“ Lehrerseminar in Johannesburg und damit auch zur Fernuniversität UNISA in Pretoria. Früh am Morgen und am Mittag lenkte ich Busse in Johannesburg um mein Studium zu finanzieren.

Als ich meine Diplome in der Tasche hatte, wollte man mich nach Kamanjab, einem Kaff in der Nähe der Etoshapfanne, schicken. Ich streikte und wurde Reiseleiter bei der Firma Atlas Tours. Ich hatte die herrlichste Route: Von Johannesburg nach Durban und Kapstadt und zurück. Auf einer dieser Reisen zankte ich mich erst eine Woche lang mit einer Schweizerin, deren Namen ich nicht einmal aussprechen konnte. Wir fanden uns doch nach einer Woche „Kampf“ und sie flog vergnügt in die Schweiz zurück.

Ich kündigte und wurde Lehrer in Südwestafrika, in Swakopmund. Die Dame hielt Wort und wir heirateten 1973. Typisch war, daß ich die Kirchturmuhr vorher so bearbeitete, daß sie bei der Hochzeit die Glocke nicht nur sechsmal, sondern dreizehnmal schlug, denn alle sagten, daß, wenn ich mal heiraten würde, es dreizehn schlagen wird. Und es war so.

In der Schweiz mußte ich meinen Weg erst finden und unterrichtete in allen Schulstufen, zum Schluß an einer Berufsschule. Ich male, spiele Klavier, baue Webseiten, bastle und grüble an meiner südafrikanischen Modelleisenbahn herum. Mir ist und war es nie langweilig!